Deutsche Umwelthilfe wirft Verkehrsminister Scheuer rechtswidrige Duldung von Millionen Betrugsdieseln vor mit bis zu 18-facher Überschreitung des Stickoxid-Grenzwerts

14.04.2021 – 11:07

Deutsche Umwelthilfe e.V.

Deutsche Umwelthilfe wirft Verkehrsminister Scheuer rechtswidrige Duldung von Millionen Betrugsdieseln vor mit bis zu 18-facher Überschreitung des Stickoxid-Grenzwerts


















Berlin (ots)

-  DUH dokumentiert die vom Kraftfahrtbundesamt rechtswidrig geduldeten temperaturgesteuerten Abschalteinrichtungen, die gerade im Winterhalbjahr die NOx-Emissionen dramatisch ansteigen lassen 
-  Bei mehreren Millionen Diesel-Pkw mit eindeutiger Verletzung der Abgasvorschriften und 18-facher Grenzwertüberschreitung verzichtet Verkehrsminister Scheuer zur Schonung der Dieselkonzerne auf amtliche Rückrufe 
-  Realer CO2-Ausstoß von Plug-In-Hybrid von Mercedes liegt bis zu 440 Prozent über dem offiziellen Wert  

Erneut hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in ihrem Emissions-Kontroll-Institut (EKI) in den vergangenen Monaten Abgasmessungen bei Dieselfahrzeugen im realen Straßenbetrieb durchgeführt. Mit sinkender Außentemperatur steigen bei einer Vielzahl von Euro 5 und Euro 6 Diesel-Pkw die Emissionen von Stickoxid (NOx) extrem an. Fahrzeuge, die vom zuständigen Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) als vermeintlich „sauber“ von amtlichen Rückrufen oder Entzug der Betriebserlaubnis verschont wurden, weisen nachweislich illegale Abschalteinrichtungen in der Abgasreinigung auf.

„Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hält weiter seine schützende Hand über die mit den Regierungsparteien vielfältig verbundenen und diese zum Teil kontrollierenden Dieselkonzerne. Ich erwarte von einem Bundesverkehrsminister, dass er rechtskräftige Gerichtsurteile respektiert und umsetzt – sei es durch die Anordnung amtlicher Rückrufe zur Beseitigung jeglicher Betrugssoftware bei Dieselfahrzeugen oder durch die vollständige und ungeschwärzte Offenlegung der Dieselgate- und CO2-Betrugs-Akten“, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Sämtliche vom DUH-Abgasinstitut EKI getesteten Euro 5-Modelle verfügen über einen Partikelfilter und nutzen zur Stickoxidminderung das System der Abgasrückführung. Die getesteten Euro 6-Modelle haben zusätzlich entweder einen Speicherkat oder einen SCR-Katalysator. Fahrzeuge wie der Audi 5 3.0 TDI Sportback, der Land Rover Range Rover Evoque eD4 oder der VW T5 2.0 TDI California weisen extrem hohe Grenzwertüberschreitungen auf. Für diese Fahrzeuge ist nach wie vor von Seiten des KBA keine Maßnahme im Sinne eines verbindlichen Rückrufs vorgesehen. Das dem KBA vorgesetzte Bundesverkehrsministerium nimmt die Hersteller nicht in die Pflicht.

Ebenso erschreckend sind die Werte bei einem Euro 6 Volvo XC60 D5 AWD, der bei sinkender Außentemperatur den geltenden NOx-Grenzwert 18,2-fach überschreitet. Auch bei einem untersuchten Mercedes C 220 d zeigt sich eine temperaturgesteuerte Abschalteinrichtung, die zu einer 7,8-fachen Grenzwertüberschreitung führt.

Der Europäische Gerichtshof hatte in einer Entscheidung vom Dezember 2020 alle Abschalteinrichtungen, das heißt auch temperaturgesteuerte, als illegal erklärt. „Wir erwarten, dass sich eine Behörde wie das Kraftfahrt-Bundesamt an europäisches Recht hält und diese Fahrzeuge in Ordnung bringt oder aus dem Verkehr zieht“, fordert Axel Friedrich, wissenschaftlicher Leiter des EKI.

Auch bei Fahrzeugen mit der Motorenbaureihe EA288 aus dem VW-Konzern stellt das EKI extrem hohe NOx-Emissionen fest: Der untersuchte Skoda Octavia 1.6 TDI mit der Abgasnorm Euro 6 überschreitet den Grenzwert durchschnittlich um das 4,9-fache. Ähnlich hohe Werte zeigt ein VW Golf GTD 2.0 TDI ABT, der mit durchschnittlich 427 mg/km deutlich den Grenzwert von 80 mg/km überschreitet.

Die DUH weist nicht nur auf Überschreitung der Abgasnormen, sondern auch der klimaschädlichen CO2-Emissionen hin. So zeigen die Messungen Abweichungen von den Herstellerangaben bis zu 48 Prozent, im „Sportmodus“ sogar bis 61 Prozent. Besonders deutlich wird die Abweichung beim Mercedes E 300 de, einem Plug-In-Hybrid mit einem offiziellen CO2-Ausstoß von nur 36 g/km. Diesen CO2-Ausstoß kann das Fahrzeug aber nur in der ersten Testrunde mit geladenem Akku einhalten. In den weiteren Tests mit leerem Akku steigen die Emissionen deutlich an und führen zu einer Abweichung von über 300 Prozent, selbst im normalen Fahrmodus. Wird das Fahrzeug im „Sportmodus“ gefahren, steigen die CO2-Emissionen deutlich an und liegen bis zu 440 Prozent über dem offiziellen Wert.

Diese Ergebnisse zeigen nach Einschätzung der DUH mehr als deutlich, dass auch mit Blick auf das klimaschädliche CO2 Real-Messungen im Zulassungsverfahren sowie eine wirksame Marktüberwachung überfällig sind. Messungen des EKI bei Plug-In-Hybriden, die die absurd hohen Abweichungen zwischen Herstellerangaben und Realverbrauch und damit die besonders schädliche Klimawirkung von Plug-In-Hybriden belegen, hatte die DUH bereits im September 2020 vorgestellt.

Die Messungen zeigen jedoch auch, dass eine Einhaltung des Grenzwertes im Realbetrieb durchaus möglich ist: So zeigen Diesel-Fahrzeuge, die nach Euro 6d zugelassen sind, wie ein Volvo V60 D3 oder ein Mercedes E 300 de, die technische Machbarkeit funktionierender Abgasreinigung.

Links:

-  Zum Messbericht: http://l.duh.de/p210414
-  Zu den Messungen des EKI bei Plug-In-Hybriden: http://l.duh.de/p200902 

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, resch@duh.de

Dr. Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsexperte und wissenschaftlicher Leiter des EKI
0157 71592163, axel.friedrich.berlin@gmail.com

DUH-Pressestelle:

Matthias Walter, Marlen Bachmann, Thomas Grafe
030 2400867-20, presse@duh.de

www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe,
www.facebook.com/umwelthilfe, www.instagram.com/umwelthilfe

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt